Summer und Pfeil Faltbootbau

Artikel von Frank und Margret Felden, Photos von Ralf Petsching

Um 1930 hatte sich das Faltboot als Sport- und Freizeitgerät etabliert. Ein Dutzend Hersteller wetteiferte um die Gunst der Käufer mit Konstruktionen, die keine Wünsche offen ließen. Allen voran die Firma Klepper aus Rosenheim, die schon früh mit der Serienanfertigung von Booten begonnen hatte. Die Jahresproduktionen dieser Firmen variierten zwischen 250 und 2500 Stück. Der Preis für ein Faltboot plus Zubehör war jedoch so hoch, dass nicht jeder, der von einem Faltboot träumte, sich eins leisten konnte. 140,00 bis 250,00 RM mussten für einen Einer, für einen Zweier 150,00 bis 300,00 RM aufgebracht werden, Summen, die im Sog der Weltwirtschaftskrise den finanziellen Rahmen vieler Träumer weit überstiegen. Diverse Kleinanbieter witterten hier ihre Chance, mit preiswerteren Konstruktionen die Leerstellen auf dem Markt zu füllen.

Die Brüder Ewald und Michael Summer betrieben zu dieser Zeit eine kleine Sportwerkstatt auf der Theresienstraße 136 in Münchens Maxvorstadt. Ewald Summer war Sattler, sein Bruder Michael Kaufmann. Sie verkauften und reparierten nicht nur Skier, sondern auch das ein oder andere gebrauchte und reparierte Faltboot. Ein mühseliges Geschäft, das durch das Angebot eigener Faltboote, unter dem Preis der Branchenführer, so der Plan der Brüder, belebt werden sollte.

Am 1. Februar 1932 beantragte Ewald Summer der Eintrag der „Summer-Faltbootwerft“ ins Handelsregister. Zeitgleich wurde ein zweiter Antrag für die „Pfeil-Faltbootwerft“ gestellt, die in der Frühlingsstraße in Rosenheim am Inn untergebracht war. Als Inhaber firmierte der Schreiner Franz Xaver Huber, Michael Summer fungierte, wie auch bei der Summer Faltbootwerft, als stiller Teilhaber.

Weshalb die Brüder gleich zwei Firmen gründeten, die jeweils einen Einer und einen Zweier herstellten, ist unbekannt. Wer die Boote konstruierte oder an welchen Konstruktionen sich die Brüder orientierten ebenfalls. Bekannt jedoch ist, dass es zu jener Zeit eine Reihe von Büchern über den Faltbootbau, diverse Fachartikel und Konstruktionspläne veröffentlicht worden waren, die den Selbstbau propagierten. Die Boote der Summers verfügten über eine leichte Fischform und entsprachen dem damals aktuellen Standard des Faltbootbaus.

Der Preis eines Bootes wurde von der Qualität der Materialien bestimmt, die Arbeitskosten machten nur knapp ein Drittel aus. Der zentrale Kostenfaktor waren Gummihaut und Decksstoff, reißfest, robust, wasserdicht. Auch das verwendete Holz sollte über Zug- und Biegefestigkeit verfügen, elastisch und formstabil sein und maschinell gut verarbeitet werden können. In der Regel wurde Esche verwendet, Buche und Kiefer galten als zweite Wahl. Die Qualität der Schrauben und Beschläge trugen nicht unwesentlich zur Lebensdauer eines Bootes bei. Hier war massives Messing optimal, da es nicht rostete. Summer entschied sich für einen Materialmix und dem Kauf möglichst simpler Beschlagelemente.

Um die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, entschieden sich die Gebrüder für einen Weg, den auch andere Kleinproduzenten beschritten. Sie bezogen die Holzteile für das Gerüst von einer Skifabrik, die über das entsprechende Know-How, einen hohen Grad an Mechanisierung und Preisvorteile beim Einkauf größerer Holzmengen verfügte. Die Ski- und Rodelproduktion, ein Saisongeschäft, nahm in schwachen Monaten gerne Fremdaufträge an. Die Skifabrik Hotter & Heringer in Rosenheim stellte Spanten, Senten, Süllränder, Bordleisten, Bodenroste, Sitze, Lehnen, Vorder- und Hintersteven für Summer fertig lackiert her.

Der Einkauf der Deck- und der Unterhautstoffe, die rollenweise ausgeliefert wurden, schlug besonders zu Buche. Summer entschied sich für eine preiswerte grüne Gummihaut, die auch Hart und andere Anbieter im unteren Preissegment verwendeten. B-Qualitäten, bei denen die Vulkanisierung nicht richtig verlaufen war, galten dagegen als minderwertig und wurden gemieden, da sie Wasser aufsaugten, beim Trocknen dann stark schrumpften und eine geringe Lebensdauer hatten.

Um die Kosten zu minimieren half das geschickte Zusammenkleben von Stücken, um den Verschnitt so gering wie möglich zu halten. Dafür war sich auch der Marktführer Klepper bei einigen Modellen nicht zu schade.

Auch beim Deckstoff gab es starke Preisunterschiede. Die Dichte des Baumwollgewebes, die Färbung und Imprägnierung mussten aber stimmen. Die Boote sollten schließlich wasserdicht sein und in den Farben nicht gleich in der Sonne verschießen.

Bootswägen, Paddel, Steuer, Beschläge, wurden preiswert aus den Katalogen verschiedener Firmen bestellt.

Weil die Kosten geschickt im qualitativ vertretbaren unteren Bereich gehalten wurden, konnte Summer einen Einer von 4 Metern Länge und 68 Zentimetern Breite, komplett mit Zubehör, zu dem unglaublichen Preis von 108,00 RM anbieten. Der Zweisitzer, 5 Meter lang und 82 Zentimeter breit, kostete 128,00 RM. Oder, wie der Prospekt versprach: „Summer-Faltbootbau geht bahnbrechend vor und macht es auch Ihnen möglich, ein Boot zu besitzen. Kauft nur Summer-Boote.“

In der ca. dreißig Quadratmeter großen Werkstatt in der Theresienstraße 136 schnitt Ewald Summer das Material für die Decks und Unterschiffe nach Schablonen zu, die er nach Fertigstellung auf einer Spezialnähmaschine zusammennähte. Abschließend wurden die Stevenkappen aufgeklebt und die Stevenbeschläge befestigt.

Im Jahr 1932 lag die Produktion bei rund fünfundvierzig Faltbooten im Wert von ca. 7200,00 RM. Der Umsatz mit Skiern betrug ca. 1800,00 RM und stellte zum Umsatz im Jahr 1931 mit 1200,00 RM eine erfreuliche Steigerung dar. Es existieren keine Zahlen über die Höhe der Gewinne.

Summer Wandereiner (Vereinseigentum):

Die ins Geschäft investierten Mittel lagen bei 2000,00 RM, die Wareneinkäufe bei  2000,00 RM. Die Außenstände beliefen sich auf ca. 200,00 RM, da die Boote ausschließlich nach Auftrag gebaut und gegen Barzahlung ausgeliefert wurden. Das Büro bestand aus einem Kassen-, einem Haupt- und einem Lagerbuch und wurde durch ein Telefon vervollständigt. Die Firma verfügte über ein Postscheckkonto.

Anfänglich wurden die Boote ab Werkstatt verkauft. Erst Mitte der 30er Jahre entschied Summer, seine Boote auch in Berlin anzubieten, da die Olympiade bevorstand, in der Faltbootrennen eine neue Disziplin war und es noch populärer machte. Ein Friedrich F. W. Reinke übernahm dort diese Aufgabe.

Die Pfeil Faltbootwerft in Rosenheim war in einer Schreinerwerkstatt untergebracht. Sie verfügte über ein Kapital von ca. 3000,00 RM. Xaver Huber und drei Hilfskräfte vervollständigten hier die von Hotter & Heringer gelieferten Holzteile mit den Beschlägen, Schrauben etc., so dass die Gerüste, die nach München ausgeliefert wurden, nur noch aufgebaut und mit einer Haut versehen werden mussten. Im Gegenzug wurden wohl Häute von München nach Rosenheim geliefert, da dort weder Nähmaschine noch eine Fachkraft dafür zur Verfügung stand.

Auch die Pfeil-Faltbootwerft baute nur nach Bestellung. Die Pfeil-Boote waren in der Materialqualität eine ganze Stufe höher angesiedelt. Bis auf die Senten aus Kiefernholz waren die Gerüstteile aus Esche. Der imprägnierte staubgraue Deckstoff und die blaue Metzelerhaut waren qualitativ hochwertig, die Beschläge aus Messing, was sich im Preis niederschlug. Für 148,00 RM (Einer), bzw. 167,00 RM (Zweier) kam man in den Besitz eines prächtigen, handlichen, leichten, stabilen, rassigen, sicheren und schnellen Bootes oder wie Franz Huber versprach: „Das neue Sport- und Wanderboot „Blauer Pfeil“ hat Leben in sich und startet nicht vom laufenden Bande tot und seelenlos in die Lande.“

Gerüst Summer Wandereiner:

 

Sowohl der Pfeil-, wie auch der Summer-Faltbootwerft wurden im Sommer 1932 wegen mangelnden Kapitals und Umsatzes als „Geschäftsbetriebe handwerklicher Natur“ der Eintrag ins Handelsregister versagt. Die Namen Faltbootwerft oder Faltbootwerk durften nicht mehr verwendet werden. Fortan firmierten sie unter der Bezeichnung Faltbootbau.

Die Logos beider Firmen ähneln sich stark. Während bei Summer ein großes S und ein kleines M in einem Kreis sind, ist es bei Pfeil ein nach rechts oben gerichteter Pfeil im Kreis.

Wie lange Pfeil überhaupt produzierte, ist unbekannt. Der Summer-Faltbootbau blieb der Maxvorstadt erhalten, bezog jedoch größere Räumlichkeiten in der Schönfeldstraße 14. In den Jahren 1934 und 1935 tauchen in den Faltbootlisten der Kanusport bei Summer zwei preiswerte und zwei teurere Einer- und Zweiermodelle auf, was zu der Vermutung führt, dass Pfeil von Summer übernommen worden war. Die Summer-Boote liefen als Wander- und die Ex-Pfeil-Boote als Sportmodelle.

Fortan sind die Decks hellgrün und die Unterhäute dunkelgrün. Alle Modelle weisen weiterhin eine leichte Tropfenform auf.

Angeregt von den Klepper-Bordwänden, wurde 1935 die Steifigkeit der Boote verbessert, um den Anschluss an den Markt nicht zu verlieren. Das mittlerweile veraltete 4.00m Boot verschwand 1936 aus dem Programm. Als neues Modell wurde ein Eskimoboot vorgestellt, 4,80 Meter lang und sportliche 48 Zentimeter breit. Ob mehr als ein Prototyp entwickelt wurde, ist nicht bekannt. Überliefert ist jedoch, dass Summer ein Reichspatent auf eine hüllenlose Gerüstkonstruktion hatte und bei allen Booten verwendete. Summer-Boote waren trotz ihres niedrigen Preises qualitativ gut, stets auf dem Stand der Entwicklung und boten ein angemessenes Preis-Leistungsverhältnis. Sie waren typischer Vertreter der „Münchener Schule “. Engagierte süddeutsche Kleinhersteller, die mit ihren beschränkten Mitteln aber nicht in der Lage waren, um unter den aufkommenden Bedingungen der Zeit längerfristig zu überleben.

Gerüst Summer Wandereiner:

Summer Wandereiner Gerüst hinten

Der Summer-Faltbootbau existierte bis über die Mitte der 30er Jahre und wurde vermutlich ein Opfer der immer stärkeren Rationierung und Kontingentierung von Gummi, Stoffen und Metallen, die von der aufstrebenden Rüstungsindustrie benötigt wurden. Für Betriebe, die nicht als „wehrwichtig“ galten (Klepper und Pionier stellten z.B. Zelte, Planen und andere Artikel für die Wehrmacht und NS-Organisationen her und galten als solche), zudem nur Kleinstmengen kauften, wurden solche Rohstoffe immer schwerer und teurer zu beschaffen.

Nach dem Olympiajahr 1936 zwang diese Entwicklung Summer und viele andere Faltbootbauer zur Aufgabe. Die Gesamtproduktion des Summer Faltbootbaus dürfte kaum einen mittleren dreistelligen Bereich erreicht haben.

Modelle Summer:

Prospekt / Katalog / Faltbootspiegel 1935

Wander-Einer: 4.00 x 0.68 m, 5 Spanten, 19 kg, grün / grün

Wander-Zweier: 5.00 x 0.82 m, 7 Spanten, grün / grün

Sport Einer: 4.50 x 0.68m, 7 Spanten, 20kg, grün/grün

Sport Zweier:  5.30 x 0.82, 9 Spanten, grün /grün

Eskimo: 4.80 x 048m, 6 Spanten, grün / grün

 

Hier der Summer Katalog 1935:

 

Hier der Katalog der Pfeil-Faltbootwerft:

 

 

Hier Bilder eines extrem seltenen Summer Sporteiners:

Impressionen...

unterwegs im Summer Einer
der stolze Besitzer

Impressionen...

Summer Einer

Impressionen...

unterwegs im Summer Einer

Impressionen...

Blick ins Innere

 

Impressionen...

Süllrandspitze mit Logo

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das Logo der Summer Werft

Impressionen...

Verriegelung

Impressionen...

hier wird die RRückenlehne befestigt

Impressionen...

Steuerbock

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Sitz, in damals üblicher Bauart

Impressionen...

Blick ins Innere

Impressionen...

Blick ins Innere

Impressionen...

Blick auf die Bodenleiter

Impressionen...

Befestigung des Steuers

 

Photos von Tanja Schmutzer und von  Slarti

 

Hier weitere Detailphotos eines Summer Wandereiners:

 

 

Summer Wandereiner Gerüst vorne

 

Digitale Umsetzung: Michael Ertl